So schaffen Sie einen sicheren Hafen in der Abwanderungswelle: Karriereentwicklung im Mittelpunkt

Weltweit warnen Ökonomen vor einer Flut freiwilliger Kündigungen. Umfragen bestätigen, dass Arbeitnehmende auf der Suche nach Jobs sind, die neue Herausforderungen, mehr Flexibilität oder mehr Zufriedenheit bieten. In den USA wird dieser Trend als „The Great Resignation“ oder auch „Big Quit“ bezeichnet, bei dem Arbeitnehmer zuhauf von sich aus kündigen.

Izabella Khazagerova, SVP und Global Head of Talent Mobility and Future of Work Solutions bei LHH
18.09.2022

 

Es gibt keine Abwanderungswelle – noch nicht.

 

Weltweit warnen Ökonomen vor einer Flut freiwilliger Kündigungen. Umfragen bestätigen, dass Arbeitnehmende auf der Suche nach Jobs sind, die neue Herausforderungen, mehr Flexibilität oder mehr Zufriedenheit bieten. In den USA wird dieser Trend als „The Great Resignation“ oder auch „Big Quit“ bezeichnet, bei dem Arbeitnehmer zuhauf von sich aus kündigen. 

 

Belegt wird dies auch vom U.S. Bureau of Labour Statistics. Das US-amerikanische Amt für Arbeitsstatistik hatte diesen Sommer gemeldet, dass im April 2021 vier Millionen freiwillige Kündigungen verzeichnet wurden. Dies ist monatlicher Höchststand, seit diese Kennzahl im Jahr 2000 erstmals amtlich erhoben wurde. Weitere 1,8 Millionen Amerikaner haben ihren Arbeitsplatz aufgrund von Stellenstreichungen, Todesfällen oder Krankheit verlassen. 

 

Gleichzeitig sind nur 34 Prozent der Nicht-Führungskräfte mit ihren Karriereaussichten zufrieden. Mit 41 Prozent erwägt außerdem fast die Hälfte, sich einen flexibleren Job zu suchen.

 

Ist dies jedoch ein Beweis dafür, dass Industrie und Wirtschaft global vor einer Kündigungswelle stehen?

 

In Resetting Normal: Defining a New Era of Work hatte es sich die Adecco Group zum Ziel gesetzt, einen tieferen Einblick in das Phänomen der freiwilligen Kündigungen zu gewinnen. Wir wollten herausfinden, ob die Abwanderungswelle bereits auf Land getroffen ist oder ob dies erst der Vorbote einer viel größeren Sturmflut ist.

 

An der Anfang 2021 durchgeführten Umfrage nahmen 14.800 Angestellte im Alter zwischen 18 und 60 Jahren aus 25 Ländern teil. Die Befragten führten alle Schreibtisch-/Bürotätigkeiten aus, arbeiteten mindestens 20 Stunden pro Woche und mussten während der Pandemie in Telearbeit wechseln.

 

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen deutlich, dass sich die Abwanderungswelle zwar noch nicht ganz manifestiert hat, viele Mitarbeitende ihre aktuelle Jobsituation jedoch überdenken und teilweise ernsthaft eine Veränderung erwägen, um ihre berufliche Zufriedenheit zu verbessern.

 

Der wachsende Wunsch nach Veränderung und Verbesserung

 

Im ersten Jahr der Pandemie war es erheblich abwegiger, über einen Job- oder Karrierewechsel nachzudenken. Mittlerweile scheint es jedoch, dass Arbeitskräfte entweder bereits einen Wechsel vollziehen oder diesen zeitnah in Erwägung ziehen.

 

Laut Umfrage haben 20 Prozent aller Befragten eine Schulung oder berufliche Weiterbildung absolviert. Weitere 42 Prozent erwägen intensiv Schritte zur Erweiterung ihres Wissens oder ihrer Qualifikationen.

 

Weiterbildung an sich bedeutet noch nicht, dass Arbeitskräfte den Job oder den Karriereweg wechseln. Lust und Motivation dazu wachsen jedoch laut der Umfrage stetig.

 

Doch nur 10 Prozent der Befragten oder weniger gaben beispielsweise an, dass sie zu einem flexibleren Arbeitsplatz oder einer neuen beruflichen Laufbahn gewechselt oder die Anzahl ihrer wöchentlichen Arbeitstage reduziert haben. Nur 6 Prozent der Befragten waren vollständig ausgeschieden.

 

Etwa 3 von 10 Befragten gaben jedoch an, dass sie einen Wechsel zu einer flexibleren Arbeitsstelle oder einen kompletten Karrierewechsel planen oder nach Möglichkeiten zur Verkürzung ihrer Arbeitswoche Ausschau halten. Ergebnisse wie diese sollten ein Weckruf für Unternehmern sein: Die Abwanderungswelle hat die meisten Unternehmen noch nicht getroffen, bahnt sich aber an.

 

Unternehmen finden sich äußerst selten in der Situation, ein Problem kommen zu sehen und es abwenden zu können. Viel zu oft reagieren wir erst dann auf Talenttrends, wenn die Rekrutierung und Schulung von Spitzenkräften bereits zur Herausforderung geworden ist. Die Umfrage zeigt, dass viele Berufstätige derzeit versuchen, in ihrem aktuellen Job bessere Bedingungen zu erzielen. Wenn ihnen dies nicht gelingt, wandern sie ab.

 

Unter den jüngeren Generationen ist der Wunsch nach Lernen und beruflicher Mobilität besonders groß

 

Der Wunsch nach beruflicher Weiterentwicklung oder einem potenziellen Job- oder Karrierewechsel war bei den Befragten der Generation Z und den Millennials am ausgeprägtesten. Unter ihnen haben sich 74 Prozent bzw. 68 Prozent weitergebildet oder erwägen dies. Doch auch mehr als die Hälfte der Generation X (54 Prozent) sind dafür offen. Unter den Baby-Boomern erwog nur etwas mehr als ein Drittel eine Weiterbildung.

 

Der gleiche Trend ist bei Job- und Karrierewechseln zu sehen. Die Befragten der Generation Z (51 Prozent wechseln oder haben dies vor) waren am mobilsten, gefolgt von den Millennials (47 Prozent), der Generation X (35 Prozent) und den Baby-Boomern (24 Prozent).

 

Warum denken so viele über eine Veränderung nach? 

 

Was genau steckt hinter dem enormen Drang nach Veränderung? Die Pandemie und die damit verbundenen Veränderungen in unserem Arbeitsleben haben definitiv unser Interesse an neuen Jobs und Karrieren geweckt. 

 

Infolge der zwangsweisen Telearbeit – weg von der direkten Aufsicht durch Vorgesetzte – und der Sorge um die Arbeitsplatzsicherheit scheinen die Menschen beruflich neue Prioritäten zu setzen. Als wichtigste berufliche Prioritäten für die Zukunft nannten daher beispielsweise 8 von 10 Umfrageteilnehmern den Aufrechterhalt einer guten Work-Life-Balance, ein sicheres Gehalt und das Vertrauen ihrer Vorgesetzten in ihre eigenständige Arbeitsweise.

 

Gleich danach kommen Arbeitsplatzsicherheit (77 Prozent), flexible Arbeitsgestaltung (76 Prozent), ein klares Gefühl der Sinnhaftigkeit (75 Prozent), eine gute Beziehung zu Vorgesetzten (74 Prozent), der Aufrechterhalt der körperlichen Gesundheit und Fitness (73 Prozent), Lob und Anerkennung (72 Prozent) sowie Karrierechancen (71 Prozent).

 

Insgesamt hängt das Interesse der Menschen an einem Job- oder Karrierewechsel eng mit der Arbeitserfahrung während der Pandemie zusammen. Viele waren gezwungen, zu Telearbeit zu wechseln und im Homeoffice Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Dies hat sich auf unsere geistige und körperliche Gesundheit ausgewirkt. Jetzt sehnen wir uns nach neuen Karrieremöglichkeiten, die uns die Flexibilität und die Grundlage für ein zufriedeneres und gesünderes Arbeitsleben bieten.

 

Fazit

 

Die Vorzeichen sind klar. Ihre besten Mitarbeitenden haben eine schwere Zeit hinter sich und beginnen, ihre Karriereziele und Werte zu überdenken. Arbeitgebende, die angesichts dieses Trends entsprechende Schritte unternehmen, um ihre Mitarbeitenden bei ihrer Karriereund Kompetenzentwicklung zu unterstützen, stellen möglicherweise fest, dass sie einen sicheren Hafen haben, wenn die Abwanderungswelle hereinbricht.

 

Download our report and learn three best practices that will address the disconnect and engage employees in setting career goals.